Samstag, Mai 13, 2017

Elektro-Immobilie

Neulich war an meinem Corsa morgens einfach so die Batterie leer. “Klack” hat der Anlasser noch gemacht, aber sonst war nicht mehr viel. Also hab ich Schwiegermutters Auto ausgeliehen und damit die Kids in die Schule befördert (und mich selbst in die Arbeit). Die Batterie hatte schon ein paar Jahre runter, und wegen meines anderen Motorproblems musste ich viel Anlasser-Orgeln. Insofern hat mich das jetzt nicht wirklich gewundert, dass diese hier nicht mehr so will.
Beim Einbau der neuen Batterie musste ich mal wieder laut werden, weil an dem Wagen einfach so viel ungeschickt verbaut ist. Zum Batterietausch braucht man nämlich neben dem 10er Schlüssel (für die Kontaktschuhe) und der 13er Nuss (für den Batteriehalter) auch noch einen T25 Torx für die Schrauben, die das Kunststoffteil zwischen Frontscheibe und Motorhaube halten. Weil das muss auch weg, sonst kriegt man die Batterie nicht raus.
Nach dem Tausch ging das Auto auch wieder ohne Mucken an.
Aber: Batteriekontrollleuchte.
Vermutlich die Lichtmaschine.
Gut, sowas sollte es ja beim FOH zu Kaufen geben, dachte ich mir, und ich bin ja kein Volldepp, was den Umgang mit Werkzeug angeht. Stellt sich heraus, dass das Originalersatzteil nach schlanken 680€ auf dem Zahlteller verlangt. Da musste ich erstmal fest schlucken und hab den Lageristen (der das Ding eh bestellen hätte müssen) um Bedenkzeit gebeten.
Eine Recherche im Netz ergab, dass es Chinaware bereits ab etwa 150€ und Markengeräte ab 350€ gibt und dass an meiner Lichtmaschine aus irgendwelchen Gründen auch noch eine Vakuumpumpe dran hängt und dass es zweierlei verschiedene Lichtmaschinen für den Corsa 1.7 CDTI gibt (eine mit 100A und eine mit 110A) und dass die Keilrippenriemenscheibe einen Freilauf haben muss. Und dass meist “nur die Kohlen runter sind”.
Also hab ich mich aufgemacht, den Übeltäter zu suchen und gegebenenfalls zu zerlegen, um nur diese Kohlen zu ersetzen.

Gleich vorab: Ich hab zwar nach einigem Suchen die Lichtmaschine gefunden, aber es nicht geschafft, auch nur eine einzige Befestigungsschraube zu lösen. Den Job habe ich schlussendlich jemandem gegeben, der das kann…

Aber ich habe die Cenopilaphobie kennengelernt.
Die Angst vor leerer Batterie.

Der Akku in meinem Corsa ist mit 70 Ah für einen Kleinwagen relativ üppig. Eine solche Kapazität bedeutet, dass die Batterie in der Lage ist, 70 Stunden lang 1 Ampère Strom zu liefern. Das hört sich jetzt erstmal lang an, aber ein Ampère ist im Auto vergleichsweise wenig. Zum Beispiel haben meine beiden Standlichtbirnchen in den Scheinwerfern je 5 Watt, zusammen also 10 Watt. Bei den im Auto üblichen 12 Volt sind das 0,83A. Die beiden düsteren Dinger allein würden also meine (volle) Batterie in dreieinhalb Tagen leersaugen. Meine “echten” Scheinwerfer sind mit H3-Lampen à jeweils 55W ausgestattet. Die saugen demnach zusammen etwas über 9 Ampère und somit wäre die Batterie in etwas über 7 Stunden leer. Und dabei habe ich die Rücklichter noch gar nicht berücksichtigt.
Nun hat man im modernen Auto aber nicht nur die Beleuchtung als Verbraucher sondern auch noch vielen anderen Schnick und Schnack. Sitzheizung. Scheibenwischer. Beheizte Heckscheibe. Gebläse. Radio. Fensterheber. Und natürlich auch die Motorelektronik mit Sensoren und Einspritzventilen.
Der Super-GAU für die Batterie ist ein dunkler kalter regnerischer Morgen mit beschlagenen Scheiben. Und an genau so einem Morgen konnte ich im wahrsten Wortsinne “erfahren”, wie sich eine am unteren Kapazitätslimit befindliche Batterie auf den Fahrbetrieb auswirkt. Nach problemlosem Vorglühen und Starten (dabei fließen übrigens kurzzeitig mehrere hundert Ampère) habe ich das Licht, den Scheibenwischer, die Heckscheibenheizung und das Gebläse eingeschaltet. Nach einer kurzen Strecke wurden die Wischer merklich langsamer. Die Armaturenbeleuchtung wurde dunkler. Die “Bring-mich-Werkstatt”-Lampe ging an. Die ABS-Kontrollleuchte ging an. Die Airbag-Kontrollleuchte ebenso. Die elektro-unterstützte Servolenkung fiel aus. Die Zeiger von Drehzahlmesser und Tachometer blieben stehen (siehe Foto, das hab ich im Stand gemacht).

neunzig.jpg

Meine ursprüngliche Idee, dass ich mit einer neuen, vollen Batterie auch ein paar Tage ohne Lichtmaschine zurecht kommen könnte, hat sich vollständig in Luft aufgelöst. Ich habe es noch geschafft, sicher zu parken, auch der Motor lief noch. Die Steuerelektronik kommt also offenbar mit niedrigeren Spannungen zurecht als der Rest des Autos.

Nun weiß ich: für Autos mit Verbrennungsmotor gilt fast noch mehr als für Elektroautos: Ohne Strom kein Fahr.